Wie wichtig sind Auszeiten für uns Menschen und darf man jetzt überhaupt an so etwas wie Urlaub denken?
Das Jahr 2021 fing unerhört spannend an. Ich wurde am 1. Sonntag dieses Jahres zu einem Interview für die ORF Sendung „Steiermark heute“ eingeladen. Die Einladung kam spontan und kurzfristig. In meiner Rolle als Coach und promovierte Psychologin interviewte mich der Moderator Thomas Weber zum Thema Auszeit allgemein und Urlaub in dieser Corona-Hochphase. Die Vorbereitungen dazu waren knapp und meine Gedanken kreisten um die Frage, was wäre ein anschauliches Beispiel zum Start des Gespräches für die Zuseher:innen der Sendung „Steiermark heute“.
Bei einem laufenden Motor kann ich keinen Ölwechsel machen!
Wir Menschen haben nur begrenzte Ressourcen, sind aktuell massiv belastet und brauchen dazwischen immer wieder echte Ruhephasen, um neue Energien tanken zu können. Ich denke, soweit ist das nichts Neues. Nur: Was ist das Problem, wenn wir uns keine Auszeiten gönnen?
Wir schlittern immer häufiger in Situationen hinein, wo wir nur mehr eine eingeschränkte Perspektive auf unser gesamtes Umfeld haben. Wir nehmen alles um uns herum mit einem „Tunnelblick“ wahr. Eine mögliche Folge daraus ist, dass wir viel schneller in Streitgesprächen bzw. Konflikten landen. Warum? Wir verlieren zunehmend eine gesunde Distanz zu den Dingen, Ereignissen oder Gesprächsinhalten, die uns scheinbar gerade betreffen. Ein weiterer negativer Effekt in der Arbeitswelt zeigt sich, indem wir schlichtweg langsamer werden, die Energie schwindet, wir werden psychisch müde und das oft, ohne es zu bemerken. Wir werden unzufrieden mit unserer Arbeit, mit unserem Umfeld, mit uns selbst.
Schließlich werden wir krankheitsanfälliger, da unser Immunsystem durch den anhaltenden Stress enorm geschwächt wird. Wenn wir gestresst sind, befinden sich auch unsere Gedanken in einer Negativ-Spirale und das macht krank. Um diesem Kreislauf wieder zu entkommen, ist oft ein professionelles Coaching oder eine psychologische Beratung notwendig.
Auszeiten sinnvoll nutzen.
Ein Urlaub allein ändert nichts. Vielmehr kommt es darauf an, wie wir diese Zeit verbringen.
Bewegung bringt vieles in Bewegung. Die enormen positiven Effekte von Bewegung auf Körper und Geist sind vielseits bekannt. Egal ob wir Spazieren gehen oder Fahrrad fahren, ob wir Staub saugen oder ein Regal aufbauen. Jede Art der Bewegung ist ein hilfreiches Mittel, um Stress abzubauen, unseren Körper mit Energie aufzuladen und den Kopf von festhängenden Gedanken frei zu bekommen.
Viele Menschen nutzen die aktuelle Zeit zu Jahresbeginn auch dazu, um zu Hause auszumisten und sich von alten Gegenständen, Kleidungsstücken etc. zu lösen, um so wieder mehr Raum zu schaffen. Wie wäre es denn, wenn wir diese Veränderung auch im Innen vornehmen? Die eigenen Gedanken auszumisten, sich von störenden und hinderlichen Gedanken lösen und Raum für Neues schaffen? Achtsamkeit gegenüber unseren Gedanken zu pflegen bewirkt ein Gefühl, Kontrolle über uns selbst zu haben, und das schafft Zuversicht und innere Stärke. Unser Unterbewusstes nimmt jeden Gedanken auf und unterscheidet leider nicht zwischen Nützlichem und Hinderlichem. Füttern wir also unser Unterbewusstes mit vorrangig bestärkenden Inspirationen, indem wir ein regelmäßiges Programm mit positiven und nützlichen Gedanken zur Routine werden lassen.
Auszeiten sind aber auch bestens dazu geeignet, sich für die kommende Zeit auszurichten und zu planen. Wie sehen meine persönlichen Ziele aus? Wohin zieht es mich? Was möchte ich in der kommenden Zeit erreichen? Und was sind meine ersten Schritte, die ich in diese Richtung gehen werde? Ein zentraler Moment bei dieser Planung besteht im Schreiben. Wir unterschätzen sehr oft die Wichtigkeit und Kraft des Schreibens. Es bringt Ordnung in unsere Gedanken und Gefühle, verstärkt die eigene Vorstellungskraft und wir werden kreativer.
Positive Effekte nachhaltig erzielen.
Die positiven Effekte einer sinnvoll genutzten Auszeit liegen teilweise auf der Hand.
Wir sind entspannter, gelassener und aufgrund eines stabileren und stärkeren Immunsystems gesünder. Psychophysiologisch gesehen sinkt der Stresshormonspiegel wohingegen der Serotoninspiegel, unser Glückshormon, erhöht wird und unsere Lebensfreude steigt. Das Gefühl der Freiheit stellt sich ein. Anstatt wie ein Hamster im Rad, fühlt man sich wieder wie ein selbstbestimmter, freier Mensch.
Schließlich fällt es uns leichter, Dankbarkeit in unserem Leben zu kultivieren. Dankbarkeit ist eines der kraftvollsten Gefühle, die existieren, denn es bringt uns direkt in einen Modus voll Zuversicht und Vertrauen.
Zeit, die wir uns nehmen, ist Zeit, die uns etwas gibt. (Ernst Ferstl)